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Willkommen in der Diktatur?
(Tibet, 2007)

Kommentar zum ZEIT-Artikel "Willkommen in der Diktatur" von Michael Allmaier, "DIE ZEIT" Nr. 41 vom 4.10.2007, Online: http://www.zeit.de/2007/41/Burma



Nach den blutigen Auseinandersetzungen in Burma untersucht Michael Allmaier in einem Artikel in "DIE ZEIT" (Nr. 41 vom 4.10.2007) das Phaenomen des Diktatur-Tourismus. Zunaechst wird verzeichnet, dass Touristen aus dem demokratischen Westen - in den letzten Jahren sogar in beachtlich zunehmender Zahl - wie selbstverstaendlich in allen moeglichen Diktaturen dieser Welt ihren Urlaub verbringen. Die Ereignisse in Burma rufen uns nun das dabei mitschwingende "tourismusethische" Problem ins Gedaechtnis: sind die kaufkraeftigen Reisefreunde aus der demokratischen Welt moralisch verpflichtet Unrechtsstaaten zu boykottieren? Der Verfasser zeigt zunaechst, wie neben dem aktuellen Extremfall Burma auch bei nicht wenigen anderen beliebten Reiselaender prinzipiell aehnlichen Bedenken entstehen muessten. Es wird der Verdacht geaeussert, dass der Tourismus gegen unsere ueblichen Moralvorstellungen gerade in bestimmten Unrechtsstaaten blueht. Dafuer bringt Allmaier drei objektive Argumente (niedrige Preise, hohe Kaufkraft der Touristen; Sicherheit durch starke Ueberwachung; Erhalt historischer Bausubstanz, weil; Geld fuer moderne fehlt) und einige moegliche subjektive Gruende (Reiz des Autoritaeren, sich reich fuehlen u.a.) Am Ende wird versucht eine ethische Bewertung zu geben.



Die ethische Problemstellung ist klar umrissen, auch die objektiven und subjektiven Argumente sind akzeptabel. Nicht hingegen die ethische Bewertung, denn es kommt in der ethischen Bewertung nicht auf das Wohl der Touristen an, sondern auf das der Diktatur-Leidtragenden. Fuer diese ist die ethische Bewertung aus konsequenzialistischer Sicht nur durch eine empirische Pruefung der Fakten zu gewinnen: ist der Tourismus faktisch nuetzlich fuer den normalen Buerger diese Laender oder hilft er hauptsaechlich den staatlichen Institutionen und schadet auf diese Weise den diktatorisch unterdrueckten Buergern. (Ich wuerde vage behaupten, dass den Einheimischen z.B. in Kambodscha und Vietnam direkt Nutzen entsteht durch den Verkauf von Guetern und Schlafplaetzen usw. an Touristen.) Aus deontologischer Sicht (d.h. ob es, ungeachtet der Folgen, moralisch geboten sein mag Unrechtsstaaten generell zu boykottieren) scheint die ethische Beurteilung komplex und nicht allgemein fassbar. Womoeglich ist allein die implizite Anerkennung des diktatorischen Staates durch den Erwerb eines Visums moralisch fragwuerdig. In einem hat der Autor des Artikels gewiss recht wenn er sagt "das ist reisen": dass dabei eine ethische Frage der beschriebenen Art meistens nicht relevant wird fuer den Touristen. Fuer den steht naemlich vordergurendig zur Debatte, was er erlebt. Wer im uebrigen das Urspruengliche und Traditionelle schaetzt, sollte es lieber unbesucht lassen. Jede Art von Tourismus (und sei sie auch noch so Oeko oder Ethno) fuehrt zu einer Veraenderung (z.Zt. meistens Verwestlichung) der Praeferenzen und Lebensweisen in den besuchten Laendern. Ich denke, dass die Bewertung dieses Phaenomens ein ganz eigenstaendiges "tourismusethisches" Problem darstellt.

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