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Lesecafe Malaysia
(Malaysia, 2011)

Urlaubszeit ist Lesezeit - beim Warten auf Busse, liegen am Strand, lungern in Cafes, beim Dinner, im Bett... ist Zeit wie nir für: Klassiker, Krimis, schwierige Gegenwartsliteratur, Abenteuer- oder Groschenromane... Hier der Malaysia-Teil mit dem Literatur-Rückblick:

Roberto Bolana "2666" (Part I und II)

Komplexer 1000-Seiten Plot in Englisch. Das Werk sollte eigentlich als 5 Bücher erscheinen, wurde aber posthum als Meisterstück Bolanos zusammen verlegt. Die fünf Parts sind scheinbar nur lose gekoppelt und folgen einer nicht ganz romanhaften literarischen Form. Im ersten Teil geht es um die Pschologie, Liebe, Sex und intellektuelle Tätigkeit von vier europäischen Literaturwissenschaftlern, die sich der Exegese des mysteriösen deutschen Autors Bennon von Archimboldi verschrieben haben. Man begleitet die liebgewonnenen Charaktere durch ihr leichtes und mitunter beliebiges mitteleuropäisches Intellektuellenleben (da kamen mir einige Dinge erstaunlich vertraut vor) und erhält in Versatzstücken Hinweise auf das Phantom, die gleichsam Fragmente des Innenlebens der Vier sind. Zu guter letzt begeben sie sich nach Mexiko, wo man Archimboldi in jüngerer Vergangenheit gesehen haben soll und verbringen eine zunehmend surrealen Aufenthalt, den Bolano aus drei Perspektiven (die sich in immer höherer Frequenz abwechselnden) zuspitzt. Der Zweite Teil nimmt dann einfach eine Nebenfigur aus dem letzten Viertel ersten (Senor Amalfitano), über den schon einige zusammenhanglose Details bekannt sind und verbindet diese in der tragikomischen biographischen Geschichte des Amalfitano. Es folgen noch der Part about 3) Fate, 4) The Crimes und 5) Archimboldi. Ich bin gespannt wie diese erzählerische Hefe später noch aufgeht.

Yann Martel "Schiffbruch mit Tiger" (Life of Pi)

Fantasiereicher Schiffbruchroman, der in den letzten Jahren zum internationalen Bestseller avancierte. Ein schiff mit einer indischen Familie und einem Zoo von Tieren geht unter und ein junger Inder samt einigen (später immer weniger) Tieren überlebt auf einem Rettungsboot. Die indischen Kindheitsrückblicke sind liebevoll und das Leben auf dem Rettungsboot ist mit Tiger statt Mensch nicht ohne Konflikte.

Francoise Sagan "Bonjour Tristesse"

Ein Klassiker des Hedonismus, wie er nur aus Frankreich kommen kann. Die Geschichte aus der Sicht der gelangweilten, verwöhnten Tochter, ihre frühreifen Gedanken über die Dinge des Lebens, scheinbar alltägliche Dekadenz und Intrigen. In einem Sommer in den 50ern verbringt die 17jährige Tochter zusammen mit ihrem Vater und dessen wechselnden Liebschaften einen endlosen Sommer des Müsiggangs und Alkoholverzehrs am französischen Mittelmeer und lenkt die vorhersehbaren Gelüste ihres genussverliebten Umfeldes, spielt mit Gefühlen, die sie noch gar nicht richtig kennen kann. In erstaunlicher Deutlichkeit werden Thesen behandelt, wie dass es vorteilhafter sei schön zu sein, als gescheit, die Liebe nur ein flüchtiges Gefühl ist, das heute dem einen und morgen dem anderen gehören mag... und dass man jede enge Zeit in seiner Villa bei Nizza hat ist ohnehin eine gesetzte Prämisse. Francoise Sagan wurde mit Bonjour Tristesse quasi über Nacht zum Literaturstar und man muss zugeben, dass in der Tat eine große Leichtigkeit bei diesem nicht undelikaten Thema (v.a. In den 50ern) mitschwingt. Ich weiß nicht, wie es der Autorin in späteren Jahren gegangen ist, ihre Einstellungen sind jedenfalls kaum altersfähig. ,-Im ganzen Roman ist übrigens Tristesse nicht das geringste Thema, der Titel ist am Ende eher eine Bezeichnung für das, was ich als normales Leben bezeichnen würde.

Clemens Meyer "Die Nacht, die Lichter"

Ein Kurzgeschichtenband von Clemens Meyer, der ja vor allem durch seinen Debütroman ,,Als wir träumten" - über die Vor- und Nachwendejahre einer in sozial abrutschenden Leipziger Jugend - bekannt ist. Der Gossen-Stil ist im neuen Buch 100% der gleiche, interessant und besonders, aber auf die Dauer auch ein bisschen eintönig und wiederkehrend. Die Stories kreisen um Arbeitslose, Boxer, Knastis, Enttäuschte und Verlierer, sind weitesgehend hoffnungsfrei, dabei aber - wegen des Schauplatz Leipzig - auch seltsam bekannt und nah (anders als amerikanische Shortstories a la Bukwoski). Es ist aber auf fazinierende Weise zugleich anziehend und abstoßend, wenn man den Osten Leipzigs aus eigener Erfahrung aber aus ganz anderer, sorgenfreier, studentischer Perspektive kennt, wo das Millieu nur eine Koloratur auf Zeit ist, eine Erfahrung auf dem Karriereweg. Ich denke, dass Meyer, der tätowierte Star des Leipziger Literarturinstitutes, in der nächsten Publikation mal eine stilistische Variation probieren sollte, ansonsten : Im (Leipziger) Osten nichts neues.

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